Der wohl gravierendste Effekt der Urbanisierung auf die Tierwelt ist der Verlust und die Fragmentierung der Lebensräume. Wälder, Wiesen und Feuchtgebiete werden oft vollständig zerstört oder in kleine, isolierte Inseln zerschnitten, auf denen es für die ansässigen Tiere immer schwieriger wird, Nahrung, Partner und geeignete Brutplätze zu finden. Besonders für weniger mobile und räumlich gebundene Arten resultiert dies nicht selten im lokalen Aussterben. Auch Wanderungen, zum Beispiel von Amphibien oder Säugetieren, werden durch Straßen, Zäune und Siedlungen unterbrochen, was genetische Isolation und langfristig den Rückgang der Artenvielfalt zur Folge haben kann.
Auswirkungen auf Nahrungsketten
Die Zerstörung und Veränderung von Habitaten verändert auch die Nahrungsketten innerhalb eines Ökosystems. Wenn bestimmte Pflanzenarten verschwinden, verschwinden auch die Tiere, die von ihnen abhängen – und in der Folge jene, die sich von diesen Tieren ernähren. Das Gleichgewicht innerhalb der Nahrungspyramide gerät leicht ins Wanken, wenn zum Beispiel Insektenpopulationen stark zurückgehen. Raubtiere finden weniger Beute und wandern entweder ab oder versuchen sich an neue Nahrungsmöglichkeiten anzupassen. Kleinere Populationen führen zu Inzucht und erhöhter Anfälligkeit für Krankheiten, was das Überleben einzelner Arten weiter bedroht.
Anpassung bestimmter Arten
Einige Tierarten zeigen bemerkenswerte Fähigkeiten, sich an die neuen urbanen Umgebungen anzupassen. Tauben, Füchse oder auch Waschbären profitieren teils von den Veränderungen und nutzen die Nähe des Menschen, um neue Futterquellen zu erschließen oder in Parks und Gärten zu nisten. Doch diese Anpassungsfähigkeit bringt nicht nur Vorteile: Die Konkurrenz zwischen Tierarten nimmt zu, während weniger anpassungsfähige Arten verdrängt werden. Zudem entstehen Konflikte zwischen Mensch und Tier, etwa durch Lärm, Verschmutzung oder durch Verhaltensänderungen der Tiere, wie Aggressivität oder ungewöhnliche Futtergewohnheiten.
Umweltverschmutzung und gesundheitliche Belastungen
Luft- und Lärmverschmutzung
Mit dem erhöhten Verkehrsaufkommen in Städten gelangt eine Vielzahl von Abgasen und Schadstoffen in die Atmosphäre. Schadstoffe wie Stickoxide oder Feinstaub können Atemwegserkrankungen bei Tieren auslösen oder langfristige Schäden an Organen verursachen. Hinzu kommt Lärm durch Straßen, Bauarbeiten oder den täglichen Betrieb, der bei vielen Wildtieren Stress hervorruft, sie in ihrer Kommunikation stört und sogar Schlaf- und Brutverhalten beeinflusst. Vögel beispielsweise passen ihren Gesang an die veränderten Lärmpegel an, was die Partnerwahl beeinträchtigen kann und damit auch reproduktive Erfolge schmälert.
Wasser- und Bodenverschmutzung
Chemische Rückstände aus Industrie, Haushalten und dem Verkehr gelangen oft ungefiltert in Flüsse, Seen und Böden. Für Amphibien, Fische und wassernahe Vogelarten bedeutet dies eine erhöhte Belastung mit Giften, Hormonen oder Mikroplastik, was die Fortpflanzungsfähigkeit und das Überleben massiv beeinflusst. Manche Arten sind besonders empfindlich gegenüber Verschmutzungen, andere wiederum lagern Schadstoffe im Körper an, was langfristig zu Mutationen oder Krankheitsausbrüchen führen kann. Die Bodenbedingungen in Städten wiederum bieten selten stabile Grundlagen für spezialisierte Pflanzen oder Bodenlebewesen, wodurch Lebensgrundlagen weiter schwinden.
Lichtverschmutzung und ihre Folgen
Städtisches Leben ist mit enormer Lichtverschmutzung verbunden – durch Straßenlaternen, Werbetafeln und Gebäude. Viele Tierarten orientieren sich jedoch an natürlichen Lichtverhältnissen, beispielsweise bei der Nahrungssuche oder Fortpflanzung. Insekten werden von künstlichen Lichtquellen angelockt und sterben in großer Zahl, Vögel und Fledermäuse kollidieren häufiger mit beleuchteten Gebäuden. Die nächtliche Orientierung und der Biorhythmus vieler Tiere werden dadurch massiv gestört, was wiederum zu einer Verringerung der Fortpflanzungsraten und zu höherer Sterblichkeit führen kann.
Biodiversitätsverlust und Einführung invasiver Arten
01
Rückgang einheimischer Artenvielfalt
Die Folgen der Urbanisierung zeigen sich besonders deutlich im Verschwinden typischer Tierarten, die ursprünglich in der betreffenden Region beheimatet waren. Während einige wenige anpassungsfähige Arten im städtischen Raum überleben, gehen viele spezialisierte Arten verloren. Ursachen dafür sind Lebensraumverlust, fehlende Nahrung, Umweltverschmutzung sowie die Zerschneidung von Wanderwegen. Der Rückgang wirkt sich nicht nur auf einzelne Arten, sondern auf das gesamte Ökosystem aus, da jede Art eine spezifische Rolle für das Gleichgewicht der Natur spielt.
02
Verbreitung invasiver Tierarten
Der globale Handel, verstärkter Reiseverkehr und die städtische Infrastruktur begünstigen die Verbreitung invasiver Tierarten. Diese neuen Bewohner können bestehende ökologische Nischen rasch besetzen und heimische Arten verdrängen, da sie häufig weniger spezialisierte Ansprüche an ihren Lebensraum haben. Beispiele sind Waschbären, Grauhörnchen oder bestimmte Vogelarten. Invasive Spezies bringen aber auch Krankheiten in lokale Populationen ein und verändern das Nahrungsnetz, indem sie Konkurrenz um Ressourcen verschärfen oder neue Fressfeinde etablieren.
03
Folgen für das ökologische Gleichgewicht
Mit der zunehmenden Präsenz invasiver Arten und dem Verschwinden einheimischer Arten gerät das empfindliche Gleichgewicht urbaner Ökosysteme aus den Fugen. Die natürlichen Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen, Bestäubern, Räubern und Beutetieren werden gestört oder ganz aufgelöst. Daraus resultieren instabile Lebensgemeinschaften, die weniger widerstandsfähig gegenüber Krankheiten oder klimatischen Schwankungen sind. Langfristig kann das zu einer ökologischen Verarmung und zum Zusammenbruch wichtiger Naturfunktionen in der Stadt führen.